Niederlausitzer Fundgrube

Neueste Nachrichten - Naturereignisse 1883/84

„Neueste Nachrichten für die Städte Kirchhain, Dobrilugk, Sonnewalde, Finsterwalde und deren Amtsgerichtsbezirke“



22.12.1883

Kirchhain. Durch das am Donnerstag früh auf den Straßen sich bildende Glatteis wurde die Passage für Kinder, welche meistens mit Holzpantoffeln versehen sind, äußerst erschwert und gefahrvoll, so daß unzählige ausrutschten und zu Falle kamen. Die armen Kinder standen weinend am Wege und versuchten sich an den Wänden zu halten, andere faßten sich an den Händen und gelangten so, sich gegenseitig unterstützend, langsam zur Schule. Es erscheint somit angezeigt, die Herrn Hausbesitzer an ihre Pflicht zu erinnern, in vorkommenden Fällen Asche oder Sand zu streuen, um dadurch größere Unglücksfälle zu verhindern.

26.01.1884

Kirchhain. Vorgestern haben wir wieder Gelegenheit gehabt zu sehen, was es heißt, wenn die Mutter Natur rebellisch wird. Ein Sturm brauste über unsere Straßen, Gärten und Felder, daß man Mühe hatte, sich vor Unfällen zu schützen. Ueberall zeigten sich die Spuren arger Verwüstungen. Aeste waren von den Bäumen abgerissen, Zäune umgeworfen und die Straßen waren mit Ziegelsteinen wie besät. Zum großen Glück scheint Niemand verletzt worden zu sein. In Berlin z. B. ging es nicht so glatt ab; dort wurde ein 12jähriges Mädchen von einem herabfallenden Dachstein am Kopfe schwer verletzt, eine Schaufensterscheibe wurde vom Winde eingedrückt und ein großer Möbelwagen umgeworfen. Ein Schornstein fiel um und wurden viele Personen von den Steinstücken leicht verletzt. Fahnenstangen sind in großer Menge abgebrochen.

29.01.1884

Kirchhain. Ein höchst merkwürdige Naturerscheinung ist in hiesiger Gegend beobachtet worden; nämlich ein Sandregen, welcher am Donnerstag Abend zwischen 9 und 10 Uhr herniederfiel. Anfänglich hielt man denselben für einen Regen mit Hagel vermischt, doch als die Hagelkörner nicht verschwinden wollten, schritt man zu einer näheren Untersuchung derselben, wobei sich der vermeintliche Hagel als reiner Kieselsand von durchsichtiger, glasartiger Beschaffenheit herausstellte. In manchen Orten, z. B. in Dobrilugk, fiel der Sand ziemlich 1 Ctm. hoch und erglänzten am andern Morgen die Wege wie Silber. Proben dieses Sandes wurden uns aus mehreren Orten eingeliefert. Da auch in diesen Tagen die rothen Dämmerungserscheinungen beobachtet wurden, so liegt die Bestätigung unserer bereits früher gemachten Mittheilung nahe, daß dieser Sand bei dem gewaltigen Ausbruch des feuerspeienden Berges Krakatoa im Sundameere in die höchsten Luftregionen getrieben worden ist, in dieser Höhe vermittelst der Luftströmung schon mehrmals die Reise um die Erde gemacht, und wahrscheinlich durch die sich in dem durchsichtigen Sande brechenden Sonnenstrahlen die rothen Dämmerungserscheinungen hervorgebracht hat.

05.02.1884

Finsterwalde, 29. Januar. Der Orkan am 23. und 24. d. Mts. hat ganz besonders in unserer Umgegend große Verheerungen angerichtet. Der in der weit ausgedehnten Königlichen Forst verursachte Schaden hat sich auch noch nicht annähernd bestimmen lassen. In Bronkow stürzte die erst seit einigen Jahren massiv neu erbaute Scheune des Bauers Lehmann ein. Ferner wurde eine Giebelwand des Stallgebäudes auf dem Gehöft des Musikus Tonke zu Göllnitz bis auf den Grund herausgerissen.

09.02.1884

Lübbenau, 4. Februar. (O.-Z.) Das Hochwasser, das gegenwärtig die Wiesen und Aecker des Spreewaldes überfluthet, bringt den Bewohnern desselben eine recht üble, häßliche Plage ins Haus, nämlich die Ratte. Dieses Thier lebt sonst an den Ufern und auf den Aeckern. Doch durch die Ueberfluthung wird es gezwungen, einen Umzug zu halten, und es kommt zahlreich in die Wohnungen namentlich solcher Häuser, die nicht allzufern vom Wasser stehen. Hier wird es so keck, daß es sich vor den Menschen nicht mehr fürchtet. Denn findet es nicht genug Nahrung, überfällt es denselben im Schlafe. Das ist einer Frau aus armem Stande und ihrem Sohne hier widerfahren. Nachdem die Ratte die Frau angefallen hatte, sprang sie in das Bett des Sohnes, eines Kindes von sieben Jahren, und biß diesen in den Fuß. Weniger die Wunde, als der gehabte Schreck verursachte, daß der Knabe heute das Bett hüten mußte. Aus vielen Familien ertönt die Klage, daß man sich vor dem Ungeziefer kaum noch retten könne.

03.07.1884

Massen, 1. Juli. Heut Nachmittag um 2 Uhr fuhr plötzlich ein Blitzstrahl durch den Schornstein des dem Schneidermeister Hermann Haensel zu Tanneberg gehörigen Wohnhauses in den Stubenofen, zertrümmerte denselben und warf den auf der Ofenbank sitzenden Vater des Haensel zu Boden. Hermann Haensel, welcher auf dem Sopha saß, wurde durch den Strahl zwar erscheckt, sprang aber augenblicklich seinem Vater zur Hilfe, doch hatte der letztere keinerlei Schaden erlitten. Plötzlich ertönten aus der Küche Hilferufe, H. H. eilte dorthin und fand seine Frau am Körper hart beschädigt hinter der Thür liegend vor. Dieselbe hatte vor dem Kochherde gestanden und war von dem aus dem Ofen kommenden Strahl getroffen worden. Dr. Schiefer zu Finsterwalde wurde sofort herbeigeholt und erklärte, daß die Beschädigungen der Frau nicht lebensgefährlich seien und auch keinerlei erhebliche Nachtheile für die Gesundheit zurücklassen würden. Der Blitzstrahl kam, da es vorher weder gedonnert, noch geblitzt hatte, ganz unerwartet und hatte außer einer kleinen Beschädigung an der Hausthür in der Küche nur geringen Schaden angerichtet.

08.07.1884

Am 6. d. M., Nachmittags zwischen 5 und 6 Uhr hat ein Blitzstrahl die vom Dorfe etwas abgelegene Besitzung des Neuanbauers Gottfried Zeisig aus Dübrichen getroffen, ohne zu zünden. Es sind aber 1 Stück Rindvieh und 2 Ziegen vom Blitz erschlagen und das Dach der Scheune zum Theil zertrümmert worden.

29.07.1884

Der am Donnerstag Nachmittag in der ganzen hiesigen Umgegend tobende Gewittersturm verbunden mit starkem Hagelschlag hat großen Schaden angerichtet. So wurden z. B. in der Grotjahn´schen Hufnagelfabrik in Herzberg an 250 Fensterscheiben zertrümmert, in Kaxdorf die Scheune des Hüfners Haase durch den Sturm total vernichtet und auf den Feldern durch Umherwerfen des Getreides die Landwirthe ganz erheblich geschädigt. In Dobrilugk wurde der Ertrag des Haupterwerbszweiges des Tabaksbaues, durch den Hagel wenn auch nicht total vernichtet, so doch bedeutend beeinträchtigt, indem die Blätter zum großen Theil durchlöchert wurden und sind die bis dahin berechtigten großen Hoffnungen mit einem Schlage vernichtet worden.