Niederlausitzer Fundgrube

Hebammenverordnung von 1841
(digitalisiert von Google, abgeschrieben von Bernhard Wagner)


Amts-Blatt der Königl. Preuß. Regierung zu Frankfurt an der Oder
No. 4.
Ausgegeben den 27sten Januar 1841.

Verordnungen der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. d. O.

Um den Uebelständen zu begegnen, welche nach den bei dem Ministerium darüber von mehreren Seiten eingegangenen Berichten aus einer zu großen Concurrenz unter den Hebammen an einzelnen Orten entspringen, setzt das Ministerium hiermit Folgendes fest:

1) Es ist zum Hebammen-Unterrichte keine Lehrtochter zuzulassen, welche nicht mit dem vorschriftsmäßigen, von einer Kommune ihr ertheilten Wahl-Atteste versehen ist.

Außerdem hat dieselbe zu diesem Behufe beizubringen:

a) ein Zeugniß des betreffenden Kreis-Physikus, daß dieselbe in körperlicher und geistiger Beziehung hierzu qualifizirt sei;

b) ein Zeugniß ihres Beichtvaters, daß sie seither einen unbescholtenen Lebenswandel geführt habe;

c) ihren Taufschein.

Frauen über 30 Jahre sind in der Regel nicht zum Hebammen-Unterrichte zuzulassen.

2) Die Zulassung zur Prüfung Behufs der Erlangung der Approbation als Hebamme kann, ohne Ausnahme, nur solchen Frauen gewährt werden, welche sich darüber auszuweisen im Stande sind, daß sie in einem Königlich Preußischen Hebammen-Lehr-Institute einen vollständigen Hebammen-Lehr-Cursus absolvirt und dabei durch die von ihnen gemachten Fortschritte in ihrer Ausbildung und durch ihre sittliche Führung die Zufriedenheit ihrer Lehrer sich erworben haben.

3) Einer jeden Hebamme ist es untersagt, vor Ablauf von 5 Jahren nach erlangter Approbation, aus der Commune, von welcher sie das Behufs ihrer Aufnahme in ein Hebammen-Lehr-Institut ihr ertheilte Wahl-Attest erhalten hat, ohne besondere Genehmigung derselben, wegzuziehen.

4) Es steht überhaupt keiner Hebamme frei, nach eigener Willkühr an irgend einem Orte ihren Wohnsitz zu nehmen, sondern es bleibt lediglich dem Ermessen resp. der städtischen Polizeibehörde und auf dem Lande des Kreis-Landrathes, so wie in beiden Fällen zugleich des betreffenden Kreis-Physikus überlassen, ob eine Hebamme die von ihr nachgesuchte Niederlassung an einem Orte zu verstatten sei oder nicht. Der Entscheidung hierüber haben die oben genannten Behörden zum Grunde zu legen: die Erwägung des hierunter obwaltenden Bedürfnisses des Publikums, und der Möglichkeit der Subsistenz einer neuen Hebamme am Orte, desgleichen die Prüfung der von der betreffenden Hebamme beizubringenden, von der Behörde des Orts, an welchem sie früher wohnhaft gewesen, und dem betreffenden Kreis-Physikus ihr ertheilten Zeugnisse über die von ihr bewiesene Geschicklichkeit und Pflichttreue in der Ausübung ihres Berufes, so wie über ihre seitherige sittliche Führung. Die Ablegung einer besonderen Prüfung für den Fall, daß eine Hebamme sich an einem Orte niederzulassen beabsichtigt, welcher über 20.000 Seelen zählt, ist ferner nicht erforderlich.

Berlin, den 6. Januar 1841.

Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.
(gez.) Eichhorn.

An
die Königliche Regierung
zu Frankfurt a. d. O.           No. 6669.

Vorstehende Verordung wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht und die betreffenden Behörden werden angewiesen, sich nach den Bestimmungen derselben pünktlich zu achten.
Frankfurt a. d. O., den 20. Januar 1841



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