Niederlausitzer Fundgrube

Über den Brand in Frankena am 25. Juli 1834
(aus einem Zeitungsartikel in den "Neuesten Nachrichten" von 1884)

„Neueste Nachrichten für die Städte Kirchhain, Dobrilugk, Sonnewalde, Finsterwalde und deren Amtsgerichtsbezirke“ Sonnabend, den 26. Juli. 1884

50 jährige Gedächtnißfeier der großen Brandes zu Frankena
am 27. Juli 1884.

Wir leben jetzt in einer Zeit wo die Jubiläumsfeste nicht aufhören, bald ist hier eine hundertjährige Feier, bald dort ein 50 jähriges Jubiläum, aber meistentheils sind es Feste fröhlichen Wesens, welche an gute schöne Gelegenheiten anknüpfen. Anders ist es jedoch wenn die Erinnerungsfeier an traurige Begebenheiten an Unglücksfälle erinnert, welche vor Jahren sich zugetragen haben, dann schweift wohl das Auge zurück in die Vergangenheit und dann zieht das Bild des Jammers und des Elends in der Erinnerung vorüber, aber ein dankbares Gefühl regt sich dann in der Brust, man dankt doch dem Schöpfer aller Welt, daß er ein gleiches Unglück von der jetzigen Generation fern gehalten hat. Aehnliche Empfindungen werden wohl die Einwohner Frankenas am 27. Juli bei der Erinnerungsfeier an das große Brandunglück vom 25. Juli 1834 haben.
In de Erntezeit war eine lange andauernde Hitze, welche die Erntefrüchte schnell zur Reife brachte. Am 25. Juli 1834 waren die gesammten Einwohner Frankenas auf dem Felde mit dem Einbringen der Ernte beschäftigt, vieles Getreide war schon eingefahren und die Scheunen schon zum Theil gefüllt. Da zog im Osten ein schweres Gewitter herauf, welches ein starker Sturm begleitete. Auf dem Felde wurde um so emsiger gearbeitet, um noch so viel wie möglich vor dem Regen unter Dach und Fach zu bringen.
Das Gewitter entlud sich und schlug in Frankena auf Käkritz Gut beim Bauer Schicketanz am Giebel des Wohnhauses ein und zündete. Da die Bauersleute meistentheils auf dem Felde in der Ernte waren, griff das Feuer mit solcher Gewalt und Schnelligkeit um sich, daß in ¾ Stunden 21 Wohngebäude nebst Scheunen und Stallungen ein Raub der Flammen wurden. Das Feuer verbreitete sich schnell durch Flugfeuer, da sämmtliche Gebäude mit Stroh gedeckt waren, und fand in den zum Theil mit der Ernte gefüllten Scheunen immer neue Nahrung. Auch der Gewittersturm regte durch seine Gewalt das Feuer mehr und mehr an und trug hauptsächlich zur Verbreitung bei. Auf der Seite wo der Richter wohnt schlug der Blitz ebenfalls ein und brannten daselbst 6 Gehöfte weg, von da flog das Feuer rüber und zündete auf der andern Seite noch die Pfarr- und Schulwohnung und die Schänke, so daß 13 Bauergüter, 5 Gärtner, Pfarr- und Schulwohnung und das Wächterhaus abbrannten.
Am selbigen Tage, Freitag, den 25. Juli, war zu Kirchhain Hauptschießtag der Schützengilde und Alles auf dem Schützenhause versammelt. Sobald man des Feuers ansichtig wurde, verbot Lieutenant Morgenstern das weitere Schießen und sofort begaben sich sämmtliche Mannschaften mit Löschgeräthen nach der Unglücksstätte, wo nicht weniger den 22 Spritzen den Kampf mit den entfesselten Elementen aufnahmen.
Neben den unermeßlich großen Verlusten waren aber leider auch Menschenleben zu beklagen, und ist der Fall um so mehr bemerkenswerth, weil die beiden unglücklichen Menschen das Opfer ihrer Pflichttreue wurden. In der Wohnung des Richters befand sich außer den Gemeindeschriftstücken auch die Gemeindekasse und die Klassensteuer, welche beide in einem sehr schweren Geldkasten aufbewahrt wurden. Dem Richter war es nach vielen Versuchen nicht möglich, den schweren Kasten zu retten; Hilfe war nicht zu haben, da die meisten Einwohner ihr eigenes Hab und Gut zu bergen suchten oder sich noch auf dem Felde befanden. Da eilte der Wassermüller Kühne von seiner Mühle herbei und griff in das Rettungswerk ein. Beide Männer trugen nun den schweren Kasten aus dem brennenden Hause; doch kaum hatten beide die Freiheit erreicht, als prasselnd das brennende Strohdach herunterbrach und beide Männer unter der glühenden Lohe begrub. Nur noch verkohlte Ueberreste wurden später aus dem Schutt hervorgezogen. Wie man noch erzählt,wären der Richter und der Müller zuvor die größten Feinde gewesen, der Müller sowohl, als auch der Richter vergaßen in der großen Noth ihre persönliche Feindschaft und versöhnten sich, wo es in dem Augenblicke galt das Gemeindeeigenthum zu retten. Beide wurden ein Opfer ihrer christlichen Nächstenliebe und des Pflichteifers, ihr Andenken sei in Ehren. – Am 28. Juli, noch unter dem Eindrucke des großen Unglücks, wurden die Ueberreste beider Männer unter Gesang der Kirchhainer Cantorei feierlichst beerdigt.
Von dem Viehbestande, als Rinder, Schafe, Schweine, Ziegen, Hunde u.s.w. war nicht viel zu retten gewesen und dem verheerenden Elemente zum Opfer gefallen und somit war der Schaden unermeßlich. Frankena war seit 200 Jahren von Bränden jeder Art verschont geblieben und auch damals war nur eine Scheune niedergebrannt.
Wir haben hiermit das Unglück nur in kurzen Umrissen zu skizziren versucht, um unsern Lesern ein Bild von der Bedeutung der am Sonntage zu Frankena stattfindenden Gedächtnißfeier zu geben. Die ausführliche Beschreibung befindet sich in der Chronik des jetzt noch in Frankena lebenden Auszüglers Christian Schmidt, von der wir leider nicht mehr Kenntniß nehmen konnten, doch wird dieselbe bei der Feier zum Vortrag gelangen.


Dienstag, den 29. Juli. 1884

Kirchhain. Die 50 jährige Gedächtnißfeier des großen Brandunglücks zu Frankena wurde am Sonntag Vormittag auf dem Kirchhofe daselbst feierlichst abgehalten, wobei auch ein aus dieser Zeit stammendes, von Chr. Pöhle und dem noch in Kirchhain wohnenden Auszügler Traugott Barthel verfaßtes Gedicht gesungen wurde. In der Hoffnung, daß dieses Gedicht auch einen größeren Leserkreis interessiren dürfte, bringen wir es nachfolgend zum Abdruck:

1) Seit langer Zeit und vielen Jahren,
Noch unser Dorf in Wohlstand war,
Und kein solch Unglück hat erfahren,
Als in dem nächstverflossnen Jahr;
Drum sei auch ihm für alle Zeit
Hier ein Gedächtnißlied geweiht.
2) Man hörte oft Gewitter toben,
Am Wolkenhimmel, nah und fern.
O Vater! schütze uns von oben!
Wir flehen zu Dir, unserm Herrn,
Daß nur des Donnerwetters Wuth,
In unserm Ort nicht schaden thut!
3) Es waren vierundzwanzig Tage
Vom Erntemonat schon durchlebt.
Verflossen frei von Noth und Plage.
Im Felde alles lebt und webt,
Die Früchte nun zu sammeln ein
Durch Gottes Hülfe in die Scheun´.
4) Als Sankt Jacobi eingetreten,
Die Ernte ging in vollem Lauf,
Von Morgen her Gewitter drohten,
Es thürmten sich die Wolken auf,
Wir hofften einen Regenguß,
Gott aber macht ´nen andern Schluß.
5) Es war gefüllt das Maaß der Sünden,
Drum goß er seinen Zornkelch aus,
Weil kein Gerechter war zu finden,
Ließ er verzehren manches Haus;
Es fiel ein Blitz hoch aus der Höh´,
Wir riefen alle Ach und Weh!
6) Er strafte uns mit seiner Ruthen,
Wie es an diesem Tag gescheh´n,
Das Feuer fraß in wilden Fluthen,
Als es ein Jeder hat geseh´n.
Der Herr vom Himmel Feuer warf
Herab auf Frankena so scharf.
7) Bald hörte man die Glocken schallen
Auf allen Thürmen rings umher,
Man sah die Feuerspritzen rollen,
Es kamen Menschen noch viel mehr,
In unsrer Noth und beizustehn;
In Elend wollten wir vergehn.
8) Das Gotteshaus stand in den Flammen,
Doch hat es Gott der Herr beschützt,
Wie manche Wohnung stürzt´ zusammen,
Durch den so schreckensvollen Blitz.
Das Feuer fraß um sich mit Macht,
Wie nie ein Mensch es hat gedacht.
9) Die Menschen, uns zu retten, eilten
Aus allen Orten, nah und fern,
Und ihre Hülfe mit uns theilten;
Denn Jeder wünschte herzlich gern
Die Flamm zu dämpfen, die mit Macht
So manchen ins Verderben bracht´.
10) Doch alles Mühen ist vergebens,
Wenn uns nicht schützet Gottes Hand.
Doch hat der Hüter unseres Lebens,
Das Unglück soweit abgewandt,
Daß nicht der Feuerflammen Wuth,
Das ganze Dorf verzehren thut.
11) Der gute Mühlenmeister Kühne
Ging nach des Richters Wohnung hin,
Daß er in dieser Noth ihm diene.
O, kam es ihm wohl in den Sinn,
Das Beide in des Feuers Schlot
Bald finden würden ihren Tod!
12) Als nun die Flammen sich geleget,
Ein Jeder nach den Seinen ging,
Wie große Liebe Jeder heget,
Und innig Weib und Kind umfing;
Das nahm man mit Entsetzen wahr
Bei der so großen Feuersgefahr.
13) Ach! Beide mußten in den Flammen
Gar bald ihr Leben hauchen aus;
Viel Menschen kamen da zusammen,
Und suchten aus dem Schutt heraus,
Zwei Männer, eines Namens sind,
Sie hinterließen Weib und Kind.
14) Die Wittwen standen sehr betrübet,
Und weineten von Herzen sehr,
Den sie so treulich hier geliebet,
Den sehen sie nun nimmermehr!
Sehr groß war wohl gewiß der Schmerz,
Das Jedem brechen möcht´ das Herz.
15) Wer hätt´ es vorher können glauben,
Wo hätte Ahnung sich erregt;
Die Flamme wird euch Alles rauben,
Wenn sich des Blitzes Kraft bewegt,
Gott hat´s gethan, dieweil zur Frist,
Bei ihm kein Ding unmöglich ist.

Chr. Pöhle.           Trg. Barthel.


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