Niederlausitzer Fundgrube

Der Heimatwanderer Nr. 4 / 1927

Aus alten Papieren.
Mitgeteilt von Herrn Bürgermeister Mattner-Luckau.

Statuta
Der Haupt Stadt Luckau im M. N. welche jährl. ein mahl abzulesen, und wornach sich die Einwohner bey E. E. Raths gerechten und willkührlichen Bestrafung zu achten und zu halten haben.

1.
Sollen alle und jede, welche in dieser Stadt sich aufhalten, ohne Unterschied der Würden und Geschlechts zur devoten Anhörung des allein selig machenden Worts Gottes, und dem Gebrauch derer Hochwürdigen Sakramenten sich vor allen Dingen fleißig einfinden, ihre von Gott ihnen vorgesetzte Obrigkeit in Ehren halten, dieselbe weder heimlich noch öffentlich, insonderheit aber auf denen Bierbäncken wie man bißhero mit nicht geringerer Alteration gar oft erfahren müßen, schmähen, verachten, verkleinern, ungebührliche und unwahrhaftige Dinge von ihr reden, sondern sich vielmehr also bezeigen, wie es ihr theuer geleisteter Bürger Eyd erfordert, und gehorsamen, Gottes und Obrigkeit fürchtenden Bürgern und Unterthanen wohl anstehet, damit nicht widrigenfalls E. E. Rath hierinnen ein scharfes und ernstliches Einsehen zu haben, und die Uebertreter zu exemplarischer Bestrafung zuziehen veranlaßt werden.

2.
Soll Jedermann für Gottes Lästerung und bösen Flüchen bey dem Nahmen Gottes dem Hl. Sakramente, Marter, Wunden und Leyden Christi, bey Strafe des Halß Eisens, und nach Befinden anderer in denen Rechten darauf gesetzten anderen Poenen sich hüten, und durch dergleichen frevelhaftes Verbrechen Niemand Aergerniß geben.

3.
Soll unter denen Sonntags- und Wochen-Predigten keine Zecher nirgends wo verstattet, und kein Wirth sich unterstehen des Sommers über 10 Uhr, und des Winters über 9 Uhr Gäste zu sezen und selbigen Bier, Wein, oder Branntewein zu verkaufen, bey Vermeidung 5 Thlr. Strafe, wie denn auch die Holz, Stroh und Heu Fuhren an denen Sonn- und Feyertagen bey Verlust des Holzes und noch über dieses 30 gl. Strafe, gänzlich verbothen seyn sollen.

4.
Mit dem Mältzen, Bier Brauen und Schenken, soll es nach diesen dießfalls verfaßeten und aufgerichteten Ordnungen gehalten, dadurch aber der Bürgerschaft künftig, wenn bessere Zeiten kommen, die gesagten 6 Biere zu brauen, nicht benommen werden, es soll sich auch Niemand unterstehen Maltz aus der Stadt zu verkaufen bey Verlust desselben, oder Bezahlung des Werthes.

5.
Soll demjenigen, welcher kein eigenes Haus hat, ob er gleich Bürger wäre, Bier zum ausschenken oder schroten zu brauen nicht vergönnet werden.

6.
Soll auch Niemanden vergönnet, sondern vielmehr bey E. E. Rath willkührlicher Strafe verbothen seyn, an einem heil. Abend, oder wenn großer Wind ist, zu brauen oder Maltz zu trocknen, und Feuer anzumachen.

7.
Soll ein Jeder das rechte und gesetzte Maaß die Kauf-Handels-Leuthe und Krahmer auch recht Gewicht und Elle geben, oder so wohl E. E. Rath willkührl. Bestrafung als auch noch überdies, daß das unrecht gemeßene und gewogene als verfallen hinweg genommen werde, gewärtig seyn.

8.
Sollen auch die Böttcher recht Bier-Gefäß nach E. E. Raths ihnen gegebenen Maaß verfertigen, und dann ihr Zeichen selbst darauf brennen, der Stadt Zeichen aber darauf brennen lassen, sollte man aber unrechte Tonnen irgends finden, sollen dieselben hinweg genommen werden.

9.
Sollen die Becker die Stadt mit Pfennig Brodt und Semmeln, daß kein Mangel daran fürfalle, stets versorgen, solches tägl. auf dem Markte feil haben, sich in allen nach der Wittenbergischen Ordnung vorhalten und das Brodt tüchtig auch nach dem rechten Gewicht ausbacken, bey Vermeidung ernstl. und willkührl. Bestrafung, auch Verlust des unrichtigen Brodts.

10.
Sollen die Fleischer tüchtig und gut Fleisch für arme und Reiche zu jederzeit verschaffen, solches nach aufrichtigen und unverfälschten Gewichte auch nicht theurer geben, als wie es geschätzet worden. Wie sie denn auch diejenigen Hammel, welche sie auf der Stadtweyde fett gemacht, bey Verlust des Viehs oder Erstattung des Werthes, auswärts wieder zu verkaufen nicht befugt seyn sollen.

11.
Soll niemand Wein oder fremd Bier einführen oder schenken, er habe es denn zuvor bey dem regierenden Bürger-Meister angezeiget, bey Verlust des Weines und des Bieres.

12.
Soll sich auch keiner, er sey fremd oder einheimisch unterstehen, die zum Eßen dienenden Waaren, und anderer zum menschlichen Gebrauche gehörige Dinge, so wohl bey der Stadt als denen Dorffschaften aufzukaufen, hinweg zu führen und dadurch Theuerung zu verursachen, bey Verlust derer Waaren samt Pferdt und Wagens.

13.
Soll, alle Theuerung desto eher zu verhüthen außerhalb der gesagten Wirthen oder für dem Thore und in denen Vorstädten Niemand etwas kauffen, es sey Holz, Getreydig, oder anderer victualien, nichts davon ausgenommen, bey Verlust der Waaren und des Kauffpreißes.

14.
Wenn einer es sey Mannes oder Weibes Person mit Tode abgeht, und Kinder nach sich verläßet, so sollen die nächsten Freunde um der unmündigen Bevormundung bey E. E. Rath sobald gebührende Ansuchung thun, das überbleibende Theil auch wegen des Vater oder Mutter Guthes binnen 3 Monath mit denen Erben ab intestato Vertrag machen, keines wegen aber vor solchen Vertrag zur andern Ehe schreiten.

15.
So soll auch Niemand sein Hauß unt Hoff, liegende Gründe, oder unter E. E. Raths Jurisdiction gehörige Güther, Aecker, Wiesen, Gärthen oder Weinberge ohne Consens und Vorwißen deßelben verkauffen, verpfänden oder versetzen, anderer gestalt wird die alienation und oppignoration vor null, nichtig und unkräftig gehalten, wie denn auch alle Veräußerungen dergl. Güther an fremde und nicht zur Stadt gehörige Leute hiermit gänzlich verbothen und abgeschafft seyn sollen.

16.
Würde sich auch ein Bürger auf dem Lande und an anderen orten bey Schuldverschreibungen seiner Bürgerl. Freyheit wißentlich und mit Vorsatz begeben, und sich zu gefänglicher Haft verpflichten, der soll im Fall er der Verschreibung durch sein Verschulden nicht nachkommt, und solches desperate Zwangs Mittel an sich exequiren läßet, dadurch seines Bürger Rechts verlustig seyn.

17.
Soll Niemand sein Vieh auf der Stadt Wälle und Hacken treiben oder allein hüten laßen, vielweniger damit andere auf ihren Wiesen, Aeckern, Gärthen, Schaden thun bey willkührl. Straffe und Ersetzung des Schadens.

18.
Soll Niemand, er sey ein Bürgers Sohn oder Fremder bey der Stadt eher einige Nahrung treiben oder brauchen, er habe denn zuvor das Bürger Recht gewonnen, bey E. E. Raths willkührl. Bestraffung.

19.
Soll weder in der Stadt noch Vorstädten ohne Vorwißen E. E. Raths ein Haußgenosse an- und eingenommen, oder widrigenfalls der Wirth, welcher den Haußgenossen nicht angezeiget mit 2 Thlr. bestraffet werden.

20.
Soll jeder Haußgenosse in oder außer der Stadt sein Quartal und Schuz Geld zu rechter Zeit verlegen, diejenigen auch, welche noch nicht Bürger sind, und sich allhier aufhalten wollen, ihr Bürger Recht gewinnen, und Häuser innerhalb Jahresfrist, von Zeit des genommenen Bürger-Rechts an zu rechnen, annehmen, widrigenfalls aber die Stadt zu meiden schuldig seyn.

21.
Sollen die Hauß-Wirthe auf Licht, Feuer und fremde Leute, welche sie herbergen, fleißige Acht haben, auch wer sie sind und wo sie herkommen, genungsam erkundigen damit nirgend einiger Schade oder Unglück, welches Gott verhüte! zugezogen werde.

Alles vorstehende nun soll zu jederzeit bey denen gesetzten und willkührlichen Strafen fest- und unverbrüchlich gehalten, und darwider zu handeln Niemand gestattet, auch keine Entschuldigung mit der Unwißenheit angenommen werden. Deßen zu Uhrkund hatt E. E. Rath diese Statuten erneuren und jetzigen Zustand derer Zeiten einrichten, und solche in Gegenwart der ganzen auf dem Rathhause versammelten Bürgerschaft zu männigl. Wißen ablesen, publiciren, auch mit gemeiner Stadt Insiegel bedrucken laßen.
So geschehen Luckau den 16. January Anno 1696.
Bürgermeistere
und Rath allhier.

Not. Vorgeschriebene Statuta sind mit dem Ausschuß dieser Stadt vor der Publication durchgegangen und communiciret, und als derselbe darwider nichts zu erinnern gewußt, an obbemeldetem dato zu männigl. Wißenschaft öffentl. auf dem Rath-Hauße in Gegenwart der ganzen Bürgerschaft abgelesen worden.

Johann August Jahn
Stadtschreiber.