76. Wehlau: Die Große Vorstadt und das Steintor, Feldseite.
2. Hälfte des 14. Jahrhunderts

bis auf uns gekommen. In den meisten Städten sind sie überhaupt verschwunden. Daß sie aber vorhanden waren, erkennt man doch noch an der Art, in der die Eckstraßen in den Marktplatz einmünden und an der, wie die Straßenwände vorspringen: die Neubauten sind nämlich nicht um die Laubengangtiefe zurückgesprungen, wie es richtig gewesen wäre, sondern haben dessen Fläche mit bebaut und sich so ein Stück in den Markt hinein vorgeschoben. In Allenburg ist das besonders deutlich erkennbar. Reste des Baugedankens sind stellenweise noch, wenn auch in jüngeren und nicht immer architektonisch einwandfreien Bauten, erhalten geblieben, so in Wormditt und Heilsberg, wo noch ganze Platzseiten so verschönt sind, und in Allenstein, wo wenigstens ein paar solcher Häuser erfreulicher Form noch stehen, ja dank dem Eingreifen des Regierungspräsidenten v. Hellmann sogar ein entsprechender willkommener Neubau unlängst errichtet wurde. Das älteste uns noch erhaltene Laubenhaus steht in Friedland; es ist zugleich wohl das älteste und sicher das beachtenswerteste städtische Fachwerkswohnhaus, das wir noch besitzen.

86
 
77. Braunsberg: Häuser an der Stadtmauer, Feldseite

    Im übrigen ist das Fachwerk in den Städten durch das ganze Land durchaus verbreitet gewesen, und prächtige Beispiele stehen noch heute davon. Sie beziehen sich aber nicht auf Wohngebäude, sondern auf Speicher, von denen bis in das ausgehende 16. Jahrhundert zurückreichende Bauten in größerer Zahl in dem Königsberger Speicherviertel auf der Laak, in geringerem Umfange auch in anderen Städten - genannt seien Braunsberg, Insterburg, Memel, Tilsit - sich erhalten haben. Die der Gegenwart so geläufige, ja selbstverständliche Bezeichnung der städtischen Häuser durch Nummern ist erst eine Errungenschaft des beginnenden 19. Jahrhunderts. Früher hatte durchweg jedes Haus seinen Namen, seine Marke, sein Aushängeschild, nach dem es genannt wurde. Diese uralte Bezeichnungsweise hat sich an den Königsberger Speichern auch noch erhalten. Noch heute tragen sie fast alle beim Eingang die Zierde ihres in Stein gemeißelten Kennzeichens. Es sind einfache Sinnbilder, mehrfach durch eine Jahreszahl, einen Namen, eine Hausmarke, einen Spruch erweitert, die dem allgemeinen Zeichen noch eine persönliche Note des Erbauers hinzufügte. Auch in dieser Hinsicht sind jene

87
Ostpreußische Fundgrube